Kanzlei für Zivil- und Wirtschaftsrecht warnt vor Kriminalisierung von Selbstständigen und Unternehmern bei Inanspruchnahme der staatlichen Corona-Soforthilfe
Selbstständige, Freiberufler und Unternehmer werden durch die aktuelle Corona-Pandemie nicht nur in ihrer eigenen Gesundheit gefährdet, sondern darüber hinaus auch in ihrer wirtschaftlichen Existenzgrundlage bedroht. Vor dem Hintergrund massiver Umsatzrückgänge und staatlich angeordneter Betriebsschließungen hat der Staat zwischenzeitlich mit umfangreichen Rettungspaketen reagiert, um Unternehmen in der schwierigen Zeit zu helfen, Insolvenzen zu vermeiden und Arbeitsplätze zu erhalten. Die Inanspruchnahme dieser staatlichen Leistungen kann bei unvollständigen oder falschen Angaben im Rahmen der Antragstellung jedoch zu erheblichen Risiken führen.
Unrichtige oder unvollständige Angaben können strafrechtliche Folgen haben
Wer bei der Beantragung staatlicher Hilfen der Behörde gegenüber vorsätzlich oder fahrlässig falsche Angaben tätigt, riskiert neben einem möglichen Bußgeldverfahren sogar eine Verurteilung im Strafverfahren. Entsprechende Verurteilungen können nicht unerhebliche Geldstrafen oder sogar Freiheitsstrafen zur Folge haben.
Wer die Antragsunterlagen der Behörden mit den zugehörigen weiteren Informationen sorgfältig liest, dem wird auffallen, dass die Behörden auf mögliche strafrechtliche Folgen sogar ausdrücklich hinweisen. Die Bundesagentur für Arbeit weist beispielsweise in den dortigen Antragsunterlagen zum Kurzarbeitergeld ausdrücklich auf die rechtlichen Folgen falscher Angaben hin und kündigt an, dass man Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft erstatten wird, wenn man feststellt, dass strafrechtlich relevante Aspekte, also falsche Angaben, zur Leistungsüberzahlung geführt haben.
Diese ausdrücklichen behördlichen Hinweise machen deutlich, dass die als schnelle und unbürokratische Hilfe angekündigten Hilfspakete vor dem Hintergrund der derzeit massenhaft erfolgenden Beantragung zwar möglicherweise schnell und unbürokratisch zur Verfügung gestellt werden, einer nachfolgenden Überprüfung durch die Behörden jedoch keinesfalls entzogen sind.
Erhebliche Strafandrohung und Rückforderung der Subventionen
Beantragen Selbstständige und Unternehmen staatliche Hilfen und machen hierbei unrichtige oder unvollständige Angaben, so kann dies als Betrug nach § 263 des Strafgesetzbuchs (StGB) oder als Subventionsbetrug nach § 264 StGB gewertet werden. Muss die Richtigkeit der Angaben an Eides statt versichert werden, droht gar eine Strafbarkeit wegen falscher eidesstattlichen Versicherung gemäß § 154 StGB mit einer Strafandrohung von nicht unter einem Jahr Freiheitsstrafe (!). Falsche Angaben im Rahmen der Antragsverfahren zur Soforthilfe können für die in Not geratenen Unternehmer daher nicht unerhebliche Geldstrafen oder sogar Freiheitsstrafen zur Folge haben.
Daneben kann die zuständige Behörde selbstverständlich auch die Rückzahlung der aus dortiger Sicht zu Unrecht erbrachten Leistungen fordern und sogar Schadensersatzansprüche geltend machen.
Unternehmer sollten daher bei Beantragung staatlicher Hilfen sorgfältig darauf achten, der Behörde gegenüber nur vollständige und wahrheitsgemäße Angaben zu tätigen. Werden hier Fehler gemacht, kann dies die aufgezeigten unangenehmen Konsequenzen haben.
Wie reagiere ich, wenn ein Ermittlungsverfahren gegen mich eingeleitet wird?
Sollte gegen Sie ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, erhalten Sie in den meisten Fällen zunächst eine Ladung zur Beschuldigtenvernehmung. Hierin wird nur auf die Vorschrift des strafrechtlichen Schuldvorwurfs verwiesen, ohne konkrete Einzelheiten zum Tatvorwurf zu benennen.
Voreilige Aussagen und missverständliche Angaben Ihrerseits können zu diesem Zeitpunkt sehr schnell den aufgestellten strafrechtlichen Verdacht erhärten, so dass Sie zunächst umfänglich von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen sollten und einen Rechtsanwalt Ihrer Wahl mit Ihrer Verteidigung beauftragen sollten.
Ihr Verteidiger wird zunächst Akteneinsicht beantragen und den genauen strafrechtlichen Vorwurf ermitteln. Im persönlichen Gespräch mit Ihnen wird dann der Sachverhalt aufgeklärt und die weitere Verteidigungsstrategie erarbeitet und abgeklärt, ob der strafrechtliche Verdacht durch eine klärende Verteidigungsschrift aufgeklärt werden kann. Oftmals gelingt in diesem Zusammenhang bereits eine Verständigung mit der Staatsanwaltschaft und dem Gericht im Hinblick auf eine verfahrensökonomische Einstellung des Strafverfahrens. Dies ist jedoch immer vom Einzelfall abhängig und kann nicht pauschal vorausgesagt werden.
Sollten Sie besser davon absehen, die staatlichen Unterstützungsleistungen bzw. Corona-Hilfen zu beantragen?
Auf keinen Fall - die staatlichen Hilfen sind gerade dafür da, Sie in der wohl schwersten Wirtschaftskrise der Nachkriegsgeschichte unseres Landes zu unterstützen und vor einer Existenzbedrohung zu bewahren. Allerdings muss in jedem Einzelfall individuell geprüft werden, ob die Antragsvoraussetzungen erfüllt werden. Die Politik hat zwar angekündigt, bei der Überprüfung der Berechtigung der Anträge über die Behörden einen großzügigen Beurteilungsmaßstab anzulegen, allerdings sprechen die Antragsunterlagen ganz klar eine andere Sprache!
In Hessen müssen Sie beispielsweise versichern und u.a. den späteren Nachweis führen können,
• dass zum Antragszeitpunkt ein Liquiditätsengpass vorliegt;
• der Liquiditätsengpass Folgewirkung der Corona-Virus-Pandemie ist;
• der Liquiditätsengpass nicht bereits vor dem 11.03.2020 gegeben war;
• der Liquiditätsengpass nicht mit Hilfe von Entschädigungsleistungen, sonstigen Eigenmitteln oder Liquiditätsmaßnahmen ausgeglichen werden kann.
Gerade letzterer Punkt dürfte bei wirtschaftlich gut aufgestellten und bislang gesunden Unternehmen wohl kaum vorliegen und ohne Weiteres versichert werden können. Unserer Ansicht nach stellt die verlangte Versicherung, insbesondere in ihren Kausalitätsaussagen, nicht mehr und nicht weniger als die Bestätigung einer Insolvenzantragslage dar, was bedacht werden muss. Vor allem, wenn die Krise nicht heil überstanden wird und sich am Ende ggfs. der Verdacht der Insolvenzverschleppung stellt. Für das Antragsverfahren gilt: Am Ende stehen die schriftlichen Erklärungen bzw. Versicherungen des Antragstellers, für die er sich rechtlich verantworten muss, was bestens auch aus dem Steuerrecht bekannt ist.
Von daher gehen wir davon aus, dass mit dem vorliegenden Antragsverfahren und den unserer Ansicht nach viel zu weitgehenden Versicherungen in HESSEN in sehr vielen Fällen eine Kriminalisierung der Selbstständigen und Unternehmer erfolgen kann und ggfs. sogar erfolgen wird.
Wir möchten sie daher dringlich dahingehend sensibilisieren, die Antragsvoraussetzungen in Ihrer Person / Firma sorgfältig zu prüfen und wahrheitsgemäße Angaben zu machen.
Als Kanzlei für Zivil- und Wirtschaftsrecht beraten wir Sie bestenfalls bereits vor einer Antragsstellung und prüfen, ob die Antragsvoraussetzungen in Ihrer Person bzw. Firma erfüllt sind. In Anbetracht der umfassenden Versicherungen, die zur eigenen Vermögenssituation und durch die Corona-Krise verursachten Liquiditätsschwierigkeiten abgegeben werden müssen, empfiehlt es sich hierbei, ggfs. auch einen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer hinzuzuziehen. Ansonsten kann es für einige am Ende der Krise ein böses Erwachen geben.