Tenor der Entscheidung:
Der unter anderem für das Gebrauchsmusterrecht zuständige X. Zivilsenat hat über die Höhe von Rechtsanwaltskosten bei einer Abmahnung aus einem Gebrauchs- und einem Geschmacksmuster entschieden.
Nach der nun vorliegenden Entscheidung kann bei einer Gebrauchsmuster- oder Gemeinschaftsgeschmacksmustersache nicht pauschal von einem überdurchschnittlichen Umfang oder einer überdurchschnittlichen Schwierigkeit der Tätigkeit eines Rechtsanwaltes ausgegangen werden. Eine Überschreitung der Regelgebühren von 1,3 ist mithin nicht grundsätzlich gerechtfertigt.
Der Senat hat darüberhinaus über die Berechnungsgrundlagen des anzusetzenden Gegenstandswertes entschieden. Maßgeblich seien die wirtschaftlichen Folgen, die aus der Inanspruchnahme aus den Schutzrechten drohen. Grundlage für den Gegenstandswert ist nach Ansicht des BGH daher eine Schätzung des Wertes des Schutzrechtes und seiner Beeinträchtigung durch den Verletzer.
Aus der Pressemitteilung des Bundesgerichtshof:
Der u.a. für das Gebrauchsmusterrecht zuständige X. Zivilsenat hat über die Höhe von Rechtsanwaltskosten bei einer Abmahnung aus einem Gebrauchs- und einem Geschmacksmuster entschieden.
Die Klägerin erwarb von der Beklagten, einem Verlagsunternehmen, zusammen mit einem dort bestellten Buch eine Einkaufstasche mit Kühlfach. Später bot sie diese Tasche über ein Internetauktionshaus zum Verkauf an. Daraufhin wurde sie anwaltlich im Auftrag eines dritten Unternehmens abgemahnt, dem Rechte an einem Gebrauchsmuster und einem Gemeinschaftsgeschmacksmuster an der Tasche zustehen. Die Klägerin ließ die Berechtigung der Abmahnung von Rechtsanwälten prüfen. Diese stellten ihr dafür eine Geschäftsgebühr in Höhe einer eineinhalbfachen Gebühr nach einem Gegenstandswert von 100.000 € in Rechnung, wobei dieser Wert demjenigen entsprach, der zunächst auch der Abmahnung der Klägerin durch die Schutzrechtsinhaberin zugrunde gelegt war; der beklagte Verlag hatte diese der Klägerin entstandenen Abmahnkosten jedoch übernommen und dafür einvernehmlich einen Betrag von 500 € an die Schutzrechtsinhaberin erstattet.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin von der Beklagten die Erstattung der von ihren Rechtsanwälten berechneten 1,5-fachen Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von € 100.000,- verlangt (zuzüglich Umsatzsteuer und Auslagenpauschale rund 2.440 €). Das Amtsgericht hat ihr den nach einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr und einem Gegenstandswert von 50.000 € berechneten Betrag zugesprochen; das Landgericht hat demgegenüber nur den Ansatz eines Gegenstandswertes von 10.000 € für angemessen erachtet, die Beklagte zur Zahlung von rd. 776 € verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen.
Die dagegen gerichtete Revision, mit der die Klägerin ihren nach einer eineinhalbfachen Geschäftsgebühr und einem Gegenstandswert von 95.00 € berechneten Erstattungsanspruch weiterverfolgt, hat der Bundesgerichtshof zurückgewiesen. Er hat angenommen, das für die Wertbemessung maßgebliche Interesse der Klägerin als Schutzrechtsverletzerin sei nach den wirtschaftlichen Folgen zu bemessen, die ihr aus der Inanspruchnahme aus den Schutzrechten drohten. Diese entsprächen regelmäßig dem Interesse des Schutzrechtsinhabers an der Geltendmachung seiner Ansprüche, deren Wert nach dem Wert des Schutzrechts und seiner Beeinträchtigung durch den Verletzer zu schätzen sei.
Von einem überdurchschnittlichen Umfang oder einer überdurchschnittlichen Schwierigkeit der Tätigkeit eines Rechtsanwalts, die eine Überschreitung der Regelgebühr von 1,3 rechtfertige, könne auch bei einer Gebrauchsmuster- oder Gemeinschaftsgeschmacksmustersache nicht pauschal ausgegangen werden. Dies gelte insbesondere, wenn weder die Schutzfähigkeit in Ansehung des Standes der Technik bzw. vorbekannter Gestaltungen zu beurteilen sei noch im Zusammenhang mit der geltend gemachten Verletzung aufwendige Prüfungen erforderlich gewesen seien.
Die Feststellungen zu diesen Umständen unterlägen tatrichterlicher Würdigung, die nur eingeschränkt auf Ermessensfehler überprüfbar seien. Solche Fehler im angefochtenen Urteil habe die Revision nicht aufzuzeigen vermocht.
Urteil vom 13. November 2013 – X ZR 171/12
AG Augsburg – Urteil vom 8. September 2011 – 17 C 2055/11
LG Augsburg – Urteil vom 6. Juni 2012 – 72 S 4026/11
Quelle / Link: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs Nr. 187/13 vom 13.11.2013