OLG Bamberg: Regelungen in Rechtsschutzversicherungen, die die freie Anwaltswahl einschränken und die Wahl eines vom Versicherer empfohlenen Anwalts mit einer günstigeren Selbstbeteiligung im Versicherungsfall "belohnen", sind unwirksam (Urteil vom 20.06.2012, Az.: 3 U 236/11).
Nach § 127 VVG haben rechtsschutzversicherte Mandanten das Recht, ihren Rechtsanwalt grundsätzlich frei zu wählen. Von dieser nach dem Gesetz garantierten freien Anwaltswahl darf nach § 129 VVG auch nicht abgewichen werden.
Um Kosten zu sparen und die eigenen Versicherten gleichwohl zu bestimmten Rechtsanwälten lenken zu können, haben einige Rechtsschutzversicherer Bedingungen mit variablen Selbstbeteiligungen entwickelt.
In den Genuss der niedrigsten Selbstbeteiligung kommt bei mehreren Inanspruchnahmen der Rechtsschutzversicherung nur derjenige, dessen Vertrag "schadenfrei" ist.
Bei mehreren Inanspruchnahmen der Rechtsschutzversicherung wird eine an die Vorgabe des Versicherers gebundene Anwaltswahl über die folgende Klausel besonders belohnt:
"Der Vertrag gilt auch dann als schadenfrei, … wenn ein Rechtsanwalt aus dem Kreis der aktuell vom Versicherer empfohlenen Rechtsanwälte beauftragt wird."
Ein vom Versicherer empfohlener Rechtsanwalt, der vom Versicherer möglicherweise schlicht aufgrund besonderer zwischen Anwalt und Versicherer bestehender Verträge über niedrigere Anwaltskosten empfohlen wird, muss für Ihren Fall selbstverständlich nicht unbedingt immer die beste Wahl sein.
Um an dieser Stelle jedem möglichen Missbrauch vorzubeugen, hat der Gesetzgeber die freie Anwaltswahl in § 127 VVG gesetzlich geregelt.
Dieser zwingenden gesetzlichen Regelung folgend hat das OLG Bamberg mit Urteil vom 20.06.2012, AZ. 3 U 236/11, festgestellt, dass Regelungen in Versicherungsbedingungen, nach denen die Wahl eines vom Versicherer empfohlenen Anwalts mit günstigeren Selbstbeteiligungen "belohnt" wird, unwirksam sind.
Leitsatz des Gerichts:
Eine Klausel in Allgemeinen Rechtsschutzversicherungsbedingungen, die die Wahl eines vom Versicherer empfohlenen Anwalts damit "belohnt", im Versicherungsfall nicht in eine ungünstigere Schadenfreiheitsklasse zurückgestuft zu werden, verstößt gegen §§ 127, 129 VVG und ist daher gemäß §§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.
Gerne beraten und vertreten wir Sie in entsprechenden Fällen.
Quelle: OLG Bamberg, Urteil vom 20.06.2012, Az.: 3 U 236/11 (Volltext)
Ansprechpartner: Rechtsanwalt Matthias Latzel