Die Entscheidung:
Das OLG Köln hat sich in seiner Entscheidung, Beschluss vom 18. Juni 2018, 15 W 27/18, als erstes Gericht mit dem Konkurrenzverhältnis zwischen der neuen Datenschutzgrundverordnung und dem Kunsturhebergesetz (KUG) auseinandergesetzt.
Hierzu führt der Senat aus, dass Art.85 DSGVO wie die Vorgängerregelung in Art 9 der Richtlinie RL 95/46/EG nationale Gesetze Abweichungen von der DSGVO zugunsten der Verarbeitung zu journalistischen Zwecken erlaube. Art. 85 DSGVO sei als Öffnungsklausel zu verstehen, die nicht nur neue Gesetze erlaube, sondern auch bestehende Regelungen – soweit sie sich einfügen – erfassen könne.
Damit positioniert sich der Senat eindeutig auf die Seite derjenigen Literaturstimmen, die einen unangetasteten Fortbestand und Geltungsbereich der Regelungen des KUG neben der neuen DSGVO befürworten. Der Senat führt hierzu aus:
"Art 85 Abs. 2 DS-GVO macht im Kern keine materiell-rechtlichen Vorgaben (Auernhammer/von Lewinski, DS-GVO, 5. Aufl. 2017, Art. 85 Rn. 13; Gierschmann u.a/Schulz/Heilmann, DSGVO, Art. 85 Rn. 3, 34, 67, 72 ff.), sondern stellt nur auf die Erforderlichkeit zur Herbeiführung der praktischen Konkordanz zwischen Datenschutz einerseits und Äußerungs- und Kommunikationsfreiheit andererseits ab. Da Datenschutzregelungen als Vorfeldschutz letztlich immer die journalistische Arbeit beeinträchtigen, sind daher hier keine strengen Maßstäbe anzulegen (Auernhammer/von Lewinski, DS-GVO, 5. Aufl. 2017, Art. 85 Rn. 13; Gierschmann u.a/Schulz/Heilmann, DSGVO, Art. 85 Rn. 61). Dies ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass Art 85 DS-GVO gerade den Normzweck hat, einen sonst zu befürchtenden Verstoß der DS-GVO gegen die Meinungs- und Medienfreiheit zu vermeiden."
Bedeutung für die Praxis:
Für die Praxis hat damit ein erstes deutsches Gericht klargestellt, dass die Regeln des bekannten und bewährten Kunsturheberrechtsgesetzes (KUG) durch die neue DSGVO nicht eingeschränkt werden, sondern diese mit ausgestalten. In der Literatur hatte es zur Einführung der DSGVO nicht unerhebliche Stimmen gegeben, dass nach dem strengen Wortlautverständnis der DSGVO anderes gelte und z.B. bei Fotos von großen Personengruppen stets Einwilligungen der auf einem Foto abgebildeten Personen einzuholen seien. Dies hatte bei Hobbyfotografen und im Bereich des Veranstaltungsrechts für große Rechtsunsicherheit gesorgt.
Das OLG Köln bekräftigt damit im Ergebnis die gegenteilige Ansicht, die u.a. von dem Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat, prominent unterstützt wurde. Dieses hatte zum Meinungsstreit mit erfreulicher Klarheit ausgeführt, dass seiner Ansicht nach die bestehende Rechtslage zum Kunsturhebergesetz (KUG) nicht von der DSGVO verdrängt werde.
"Für die Veröffentlichung von Fotografien enthält das Kunsturhebergesetz (KunstUrhG) ergänzende Regelungen, die auch unter der ab dem 25. Mai 2018 anwendbaren Datenschutz-Grundverordnung fortbestehen. Das Kunsturhebergesetz stützt sich auf Artikel 85 Absatz 1 der Datenschutz-Grundverordnung, der den Mitgliedstaaten nationale Gestaltungsspielräume bei dem Ausgleich zwischen Datenschutz und der Meinungs- und Informationsfreiheit eröffnet. Es steht nicht im Widerspruch zur Datenschutz-Grundverordnung, sondern fügt sich als Teil der deutschen Anpassungsgesetzgebung in das System der Datenschutz-Grundverordnung ein."
Quelle: Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat (am Ende unter FAQ)
Link / Quelle zur Entscheidung: https://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/koeln/j2018/15_W_27_18_Beschluss_20180618.h