Entscheidung des BGH zu den Anforderungen an eine "genügend häufige Kontrolle" der Beheizung eines Gebäudes in der Kalten Jahreszeit im Rahmen der Wohngebäudeversicherung.
Frostschäden an Leitungswasserrohren sind in der Wohngebäudeversicherung grundsätzlich versichert.
Kaum ein Versicherungsnehmer weiß jedoch, dass er nach den allgemeinen Versicherungsbedingungen zu seiner Wohngebäudeversicherung verpflichtet ist, in der kalten Jahreszeit alle Gebäude und Gebäudeteile zu beheizen und dies auch genügend häufig zu kontrollieren, um den Eintritt entsprechender Schäden nach Möglichkeit zu verhindern. Bei dieser Heiz- und Kontrollpflicht des Versicherungsnehmers handelt es sich um eine versicherungsvertragliche Obliegenheit, deren Verletzung dazu führen kann, dass der Versicherer nicht zahlen muss.
Gerade bei Frostschäden werden Leistungen von Versicherern sehr häufig mit der Begründung verweigert oder gekürzt, dass der Versicherungsnehmer nicht genügend geheizt habe und/oder die Beheizung nicht genügend häufig kontrolliert habe.
Da die Versicherungsbedingungen nicht näher definieren, welche Kontrollintervalle als genügend häufig anzusehen sind, bieten sich der Versicherungswirtschaft an dieser Stelle reichhaltige Möglichkeiten, die eigenen Bedingungen abhängig vom jeweiligen Einzelfall versicherungsfreundlich auszulegen und Zahlungen eigenmächtig zurückzuhalten.
Versicherer vertreten an dieser Stelle gerne die Auffassung, dass eine Kontrolldichte erforderlich sei, die auch bei einem plötzlichen Ausfall der Heizung einen Frostschaden möglichst vermeidet.
Da bei einer entsprechenden von den Versicherern geforderten Kontrolldichte ein Versicherungsfall kaum jemals denkbar ist, kann diese Rechtsauffassung selbstverständlich nicht richtig sein.
Mit Urteil vom 25.06.2008, Az.: IV ZR 233/06, hat der Bundesgerichtshof die Frage, wann eine "genügend häufige" Kontrolle der Beheizung des versicherten Wohngebäudes in der kalten Jahreszeit gegeben ist, höchstrichterlich entschieden und die zuvor in Rechtsprechung und Literatur heftig umstrittene Frage geklärt.
Nach Ansicht des BGH bildet die Überlegung, wie rasch bei ausgefallener Heizung ein Frostschaden eintreten kann, nicht den Maßstab für das erforderliche und zu erwartende Kontrollintervall. Die Versicherungsbedingungen erlegen es dem Versicherungsnehmer nämlich nicht auf, den versicherten Frostschaden auch nach einem plötzlichen Ausfall der Heizung zu verhindern oder gar sicher auszuschließen. Da Versicherungsnehmer für den möglichen Schadenfall gerade eine Versicherung abgeschlossen haben und hierfür Prämien zahlen, ist der Klausel in den Versicherungsbedingzungen nach Ansicht des BGH nicht zu entnehmen, dass es dem Versicherungsnehmer obliegt, das Ereignis, gegen das er Versicherungsschutz eingekauft hat, mit allen Mitteln zu verhindern.
Die Klausel dient nach dem BGH lediglich einer ausgewogenen Risikoverteilung. Dem Versicherungsnehmer ist es lediglich aufgegeben, das vom Versicherer übernommene Risiko eines Frostschadens dadurch zu verringern, dass er das versicherte Objekt beheizt und das ordnungsgemäße Funktionieren der Heizung in zumutbarer und verkehrsüblicher Weise ("genügend häufig") überwacht. Hierauf beschränkt sich sein Beitrag zur Risikobegrenzung.
Das jeweils erforderliche Kontrollintervall ist stets anhand der Umstände des Einzelfalles zu bestimmen. Maßstab ist hierbei nicht der nach einem unterstellten Heizungsausfall im ungünstigsten Falle zu erwartende Zeitablauf bis zum Schadenseintritt, sondern allein die Frage, in welchen Intervallen die jeweils eingesetzte Heizungsanlage nach der Verkehrsanschauung und Lebenserfahrung mit Blick auf ihre Bauart, ihr Alter, ihre Funktionsweise, Wartung, Zuverlässigkeit oder Störanfälligkeit kontrolliert werden muss, um ein störungsfreies Funktionieren nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu gewährleisten.
Nach Ansicht des BGH konnte in dem vom BGH entschiedenen Fall nicht ausgeschlossen werden, dass der Versicherungsnehmer auch bei einem kontrollfreien Zeitraum von elf Tagen die Obliegenheit zur "genügend häufigen" Kontrolle nicht verletzt hat.
Da nach Ansicht des BGH grundsätzlich anhand des jeweiligen Einzelfalls zu entscheiden ist, wie lange das Kontrollintervall auszufallen hat, ist davon auszugehen, dass die Frage nach der Kontrolldichte auch nach dem Urteil des BGH noch von den Versicherern zum Anlass genommen wird, kurze Kontrollintervalle zu verlangen und Leistungen zu kürzen oder zu verweigern.
Versicherungsnehmer haben nach dem Urteil des BGH jedoch gute Chancen, sich gegen derartige Ablehnungen und Kürzungen zur Wehr zu setzen.
Gerne beraten und vertreten wir Sie in entsprechenden Angelegenheiten.
Quelle: BGH, Urteil vom 25.06.2008, Az. IV ZR 233/06 (Volltext)
Pressemitteilung des BGH: (Pressemeldung)
Ansprechpartner: Rechtsanwalt Matthias Latzel