Spätestens seit dem 25.05.2018 ist die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung (kurz: DSGVO) in aller Munde. Nachdem die vom EU-Verordnungsgeber angesetzte Übergangsfrist an diesem Tag abgelaufen ist, gelten die neuen Bestimmungen für jeden datenverarbeitenden Unternehmer, vom kleinen Handwerker bis zur Aktiengesellschaft, zwingend.
Doch warum die Aufregung? Gab es vorher etwa keine datenschutzrechtlichen Bestimmungen in Deutschland?
Doch, natürlich! Doch das neue Recht kommt mit vielen Neuerungen daher und verschärft die Anforderungen an den Datenschutz für Websitebetreiber und Unternehmer erheblich, auch innerhalb des Unternehmens. Auch Privatpersonen und Vereine, die in irgendeiner Form personenbezogene Daten verarbeiten (und das ist eben schon bei jedem eingetragenen Verein der Fall!), sind von den neuen Regelungen betroffen und müssen u.a. eine rechtskonforme Datenschutzerklärung auf Ihrer Homepage bereit halten. Da das Internet mittlerweile voll ist mit zum Teil sehr guten Zusammenfassungen und Rechtstexten zum Thema, allen voran ist hier die Website des Bayerischen Landesamts für Datenschutzaufsicht (https://www.lda.bayern.de) zu benennen, möchten wir uns darauf beschränken, Ihnen eine Anleitung an die Hand zu geben, wir Sie sich verhalten sollten, wenn Sie wegen eines (vermeintlichen) Verstoßes gegen die DSGVO abgemahnt werden.
Zunächst gilt: Ruhe bewahren und spezialisierten Rechtsanwalt aufsuchen!
Wie bei jeder Abmahnung gilt auch für den Erhalt einer DSGVO-Abmahnung zunächst: kühlen Kopf bewahren und nichts überstürzen!
Aufgrund der im Netz vieldiskutierten Rechtsunsicherheiten und Fragen, die die neue DSGVO in ihrer Anwendung und Auslegung mit sich bringt, ist mit einiger Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass sich einige geschäftstüchtige Kollegen und Abmahnverbände mit ihren entsprechenden Mandantschaften in den nächsten Wochen und Monaten des "unbestellten Feldes" annehmen werden und ggfs. tollkühne Thesen zur Rechtsanwendung der DSGVO aufstellen werden. Bedauerlich ist dies deshalb, weil die DSGVO - zumindest nach heutigem Stand - an vielen Stellen tatsächlich auslegungsbedürftig ist und der nationale Gesetzgeber es der Rechtsprechung überlassen hat, die europäischen Verordnung auszulegen, statt von vornherein durch eine umfassende nationale Rechtsangleichung - z.B. durch eine gesetzliche Muster-Datenschutzerklärung - den Bürgern Rechtssicherheit zu bieten. Die Diskussion über die zukünftige Verwertbarkeit von öffentlichen Fotoaufnahmen etwa sorgt insbesondere in den sozialen Netzwerken für Unsicherheit und - zu Recht - für großen Unmut.
Deshalb stellen wir für unsere Kanzlei klar: Wir lehnen ein Abmahnwesen, das sich diese Rechtsunsicherheit zu Eigen macht und an Privatpersonen, Vereine und kleine Unternehmer herantritt, ab und erklären selbstverpflichtend, dass wir jede Mandatsanfrage in diese Richtung ablehnen werden!
"Wir lehnen Anfragen zu DSGVO-Abmahnungen selbstverpflichtend ab und stehen ausschließlich an der Seite der Abgemahnten! Wir stellen uns beratend an Ihre Seite und bieten Ihnen präventiv rechtskonforme Lösungen zur Umsetzung der DSGVO an. Wenn Sie abgemahnt worden sind, prüfen wir die Abmahnung auf ihre Berechtigung und zeigen Ihnen die außergerichtlichen und gerichtlichen Reaktionsmöglichkeiten auf. Hierbei haben wir immer Ihre wirtschaftlichen Interessen im Blick und zeigen Ihnen alternative Handlungswege auf."- Rechtsanwalt Ingmar T. Theiß - |
Wie verhalte ich mich, wenn ich eine Abmahnung wegen Verstoß gegen die neue Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) erhalten habe?
Wenn Sie eine Abmahnung wegen Verstoß gegen das neue Datenschutzrecht (DSGVO) erhalten haben, sollten Sie die Abmahnung ernst nehmen und keinesfalls ohne anwaltliche Hilfe befolgen.
Die Berechtigung einer Abmahnung lässt sich immer nur im Einzelfall überprüfen und nicht pauschal beurteilen!
Nach unseren Erfahrungssätzen sind bei vielen Abmahnungen die gestellten Forderungen überhöht, zum Teil kann sich eine Abmahnung auch als insgesamt unwirksam herausstellen, z.B. wenn der Abmahner die eigene Anspruchsberechtigung (Aktivlegitimation) nicht nachweisen kann oder sich die Abmahnung selbst als inhaltlich unbestimmt erweist. Vor allem aber muss die materiell-rechtliche Berechtigung der Abmahnung gegeben sein. Im neuen Datenschutzrecht gilt hierbei als zentrale Vorschrift Art.6 DSGVO, der die Rechtmäßigkeit einer Datenverarbeitung regelt, aber auch Art.82 DSGVO, der die Haftung und das Recht auf Schadensersatz normiert. Wettbewerber werden eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung auf Basis der zentralen Anspruchsnorm des § 8 Abs.1, 3, 3a UWG in Verbindung mit den zitierten Vorschriften des Datenschutzrechts (DSGVO) stützen.
Leisten Sie keine voreiligen Zahlungen, insbesondere wenn Sie eine DSGVO-Fotoabmahnung erhalten haben!
Zu den wohl umstrittensten und heiß diskutiertesten Fragen zählt derzeit die Frage, ob und inwieweit nach Einführung der DSGVO öffentliche Fotoaufnahmen, auf denen Personen abgebildet sind, noch zulässig sind. Bislang regelte das Kunsturhebergesetz (KUG) den Rechtsrahmen, so dass sich die Frage stellt, inwieweit die bisherige Rechtspraxis durch die neue DSGVO beeinflusst wird.
Einleitend ist festzuhalten, dass Aufnahmen, die zu rein privaten Zwecken gemacht werden, nicht dem Anwendungsbereich der DSGVO unterfallen, wie sich aus Art. 2 Abs. 1 lit. c DSGVO ergibt. Problematisch sind vielmehr solche Aufnahmen, die zu kommerziellen oder künstlerischen Zwecken gefertigt werden und nicht Art. 2 Abs. 1 lit. c DSGVO unterfallen. In der heutigen Zeit wird man hier angesichts der weit überwiegend digitalen Fotografie von einer automatisierten Datenverarbeitung und damit von der grundsätzlichen Anwendbarkeit der DSGVO auszugehen haben.
Zum Teil wird hier die Ansicht vertreten, dass nach dem strengen Wortlautverständnis der DSGVO auch bei Fotos von großen Personengruppen stets eine Einwilligung der auf einem Foto abgebildeten Person einzuholen und erforderlich sei, was vor allem für den Bereich der Fotografie im öffentlichen Raum und Veranstaltungsfotografie eine erhebliche Hürde darstellen würde. Die Gegenansicht argumentiert mit dem - gemeinhin als "Öffnungsklausel" bezeichneten - Art.85 DSGVO, der den Mitgliedsstaaten nationale Gestaltungsspielräume bei der Ausprägung der DSGVO einräume, weshalb die nationalen Regelungen - in Deutschland das KUG - nach wie vor im Lichte der DSGVO Anwendung finde. Jüngst hat hierzu das Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat mit erfreulicher Klarheit ausgeführt, dass seiner Ansicht nach die bestehende Rechtslage zum Kunsturhebergesetz (KUG) nicht von der DSGVO verdrängt werde.
"Für die Veröffentlichung von Fotografien enthält das Kunsturhebergesetz (KunstUrhG) ergänzende Regelungen, die auch unter der ab dem 25. Mai 2018 anwendbaren Datenschutz-Grundverordnung fortbestehen. Das Kunsturhebergesetz stützt sich auf Artikel 85 Absatz 1 der Datenschutz-Grundverordnung, der den Mitgliedstaaten nationale Gestaltungsspielräume bei dem Ausgleich zwischen Datenschutz und der Meinungs- und Informationsfreiheit eröffnet. Es steht nicht im Widerspruch zur Datenschutz-Grundverordnung, sondern fügt sich als Teil der deutschen Anpassungsgesetzgebung in das System der Datenschutz-Grundverordnung ein."
Quelle: Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat (am Ende unter FAQ)
Hierzu ist aber zu beachten, dass es sich bei der Äußerung des Bundesministeriums des Inneren nur um eine Rechtsansicht handelt, die keinesfalls - schon aus Gründen der Gewaltenteilung - eine gesicherte Rechtsprechung ersetzt. So wird gegen diese Ansicht angeführt, dass mit Einführung der DSGVO gerade eine Vereinheitlichung der Rechtslage im Datenschutzrecht auf europäischer Ebene beabsichtigt war, so dass die nationalen Gesetzgeber nun gefragt seien, sich mit der DSGVO auch zur Rechtsangleichung proaktiv auseinanderzusetzen. Im Vordringen ist unseres Erachtens allerdings die Rechtsansicht, dass eine Datenverarbeitung öffentlicher Fotoaufnahmen über Art.6 Abs.1 f) DSGVO zulässig bleibt, da eine Datenverarbeitung auch im Rahmen einer Interessenabwägung gerechtfertigt sein kann. Jüngst hat hierzu der Hamburger Datenschutzbeauftragte ausgeführt:
" Die Aufnahmen der oben genannten Motive können, solange eine Regelung auf Grundlage der Öffnungsklausel des Art. 85 Abs. 2 DSGVO nicht vorliegt, im Regelfall wohl nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO gerechtfertigt werden. Es besteht ein berechtigtes Interesse der Fotografen daran, ihre Betätigung, die im Regelfall dem Kunstbegriff unterfällt, auszuüben. Die Kunstfreiheit wird durch Art. 13 GRCh geschützt. Nach Art. 52 Abs. 4 GRCh werden Grundrechte, die „sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten ergeben, im Einklang mit diesen Überlieferungen ausgelegt“. Daher kann auch an dieser Stelle die ausdifferenzierte Rechtsprechung zum Recht am eigenen Bild, die als mitgliedsstaatliche Verfassungstradition angesehen werden kann, mit einbezogen werden. In dieser wird die künstlerische Betätigung zumeist dem Recht am eigenen Bild in den hier geschilderten Fällen übergeordnet. Dem so festgestellten Interesse an der Freiheit der künstlerischen Betätigung werden im Regelfall keine schutzwürdigen Interessen der Betroffenen entgegenstehen, insbesondere da diese nur in ihrer Sozialsphäre betroffen sind. In Einzelfällen können sich schutzwürdige Interessen ergeben, die eine Einzelfallabwägung notwendig machen. Der BGH nimmt eine solche Abwägung anhand des Art. 5 Abs. 1 GG vor - bezogen auf die Rechtslage vor der DSGVO im Rahmen des § 29 Abs. 1 Nr. 1 BDSG. Demnach ist die Datenerhebung zulässig, wenn „[…]kein Grund zu der Annahme besteht, dass der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Erhebung, Speicherung oder Veränderung hat[… ]“. Die Interessenabwägung zwischen dem berechtigten Interesse des Verantwortlichen und den schutzwürdiges Interessen des Betroffenen ist insoweit vergleichbar mit der Abwägung bei Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO." (Quelle: Vermerk des Hamburger Datenschutzbeauftragten)
Sie sehen, dass eine DSGVO-Abmahnung wegen einer Fotografie keineswegs eindeutig sein muss und zahlreiche Ansatzpunkte für eine Rechtsverteidigung gefunden werden können.
Massenabmahnungen können rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam sein, § 8 Abs.4 UWG
Daneben gilt die Schranke der Rechtsmissbräuchlichkeit, die im Wettbewerbsrecht in § 8 Abs.4 UWG kodifiziert ist.
Danach ist eine Abmahnung unwirksam, wenn Sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Ein Indiz für eine solche Motivation liegt beim Ausspruch von Massenabmahnungen vor, wenn der Abmahnende wirtschaftlich schon gar nicht imstande sein kann, die hierdurch ausgelösten Kosten zu tragen. Weitere Indizien können überspitzte Forderungen oder eine Beschränkung des Begehrens auf eine Geldzahlung sein. Gelingt der Nachweis der Rechtsmissbräuchlichkeit kann der Abmahner gemäß § 8 Abs.4 S.2 UWG auf Ersatz der Kosten der Rechtsverteidigung gegen die unberechtigte Abmahnung in Anspruch genommen werden.
Unterzeichnen Sie daher unter keinen Umständen vorschnell eine Ihnen vorgelegte strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung, sondern lassen Sie sich anwaltlich beraten. Eine Unterlassungserklärung hat eine zeitliche Bindungswirkung von mindestens 30 Jahren (!!!) hat und kann im Falle eines erneuten Verstoßes eine Vertragsstrafe von mehreren tausend Euro nach sich ziehen. Umgekehrt ist Ihnen dringend anzuraten, auf eine Abmahnung in jedem Falle eine anwaltliche Reaktion folgen zu lassen, da bei Untätigkeit ansonsten ein sehr teures gerichtliches Eilverfahren gegen Sie angestrengt werden kann (sog. einstweilige Verfügung).
Ein spezialisierter Rechtsanwalt gibt Ihnen eine fundierte Rechtseinschätzung und Risikobewertung zu Ihrem Fall und hilft Ihnen das bestehende Kosten- und Prozessrisiko zu minimieren.
Wir beraten und vertreten Sie gern!
Soforthilfe erhalten Sie unter Tel.: 05622 / 799 741 und 0561 / 937 23 533.
Ansprechpartner: RA Ingmar T. Theiß